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Cannabis-Pilotstudie in Zürich: Konsum bleibt hinter Erwartungen zurück
Seit heute nehmen 650 weitere Personen im Kanton Zürich an der bisher grössten Studie der Schweiz zur Erforschung und Regulierung des Cannabis-Konsums teil. Damit erhöht sich die Zahl der Teilnehmenden auf 2900.
Überraschenderweise zeigt sich, dass die Konsumierenden im Durchschnitt zurückhaltender sind als erwartet und ihre monatlich erlaubte Menge an Cannabis oft nicht ausschöpfen.
Die Ergebnisse der Studie könnten wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Regulierung und Legalisierung von Cannabis in der Schweiz liefern und Vorurteile über Cannabiskonsumenten revidieren.
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Studie zeigt moderates Konsumverhalten
Swiss Cannabis Research, der Verein, der diese Studie durchführt, meldet, dass die meisten Teilnehmenden unter der maximal zulässigen Menge von zehn Gramm THC pro Monat bleiben. Paul-Lukas Good, Präsident von Swiss Cannabis Research, betont: „Wir können anhand der bisherigen Ergebnisse sehen, dass das stereotype Bild eines exzessiven Cannabiskonsums nicht zutrifft.“ Tatsächlich bleibt der durchschnittliche Konsum der Zürcher Studienteilnehmenden unter den erlaubten Grenzen und zeigt ein eher kontrolliertes Konsumverhalten.
Vielseitige Produktpräferenzen: Schwache und starke THC-Produkte gefragt
Die Teilnehmenden greifen zu Produkten mit unterschiedlich hohem THC-Gehalt. Während Produkte mit niedrigem THC-Gehalt von 5 bis 10 Prozent beliebt sind, entscheiden sich viele Konsumenten auch für stärkere Produkte mit einem THC-Gehalt von 20 Prozent. Insbesondere bleibt die klassische Blütenform die bevorzugte Darreichungsform, mit 65 % der Teilnehmenden, die Cannabis in dieser Form erwerben.
Mehr Aufklärung über Konsummethoden
Die Studie hat auch die Aufgabe, das Bewusstsein für weniger schädliche Konsumformen zu fördern. In den Verkaufsstellen weisen Mitarbeiter auf alternative Methoden hin, wie beispielsweise die Nutzung von Vapes oder Ölen, die weniger belastend für die Atemwege sind. Ziel ist es, den Teilnehmenden sichere Konsummöglichkeiten aufzuzeigen, um mögliche gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Umfangreiche wissenschaftliche Begleitung und langfristige Auswertung
Das Pilotprojekt läuft seit Mai 2024 und wird in insgesamt 34 Zürcher Gemeinden durchgeführt, mit mittlerweile zwölf Verkaufsstellen, an denen die Teilnehmenden legal Cannabis erwerben können. Die Laufzeit der Studie ist auf fünf Jahre angesetzt, wobei alle zwei Monate neue Teilnehmergruppen aufgenommen werden. Für eine wissenschaftliche und neutrale Evaluation der Ergebnisse arbeiten Forschende der Universität Zürich sowie die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich eng mit dem Projektteam zusammen.
Die wissenschaftliche Begleitung umfasst regelmäßige Erhebungen und Befragungen der Teilnehmenden, um die gesundheitlichen, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen des kontrollierten Cannabiskonsums besser zu verstehen. Die Forscher hoffen, durch die langfristige Beobachtung belastbare Daten zu Konsumgewohnheiten und mögliche Folgen zu erhalten, die künftige politische Entscheidungen zur Regulierung und Legalisierung von Cannabis unterstützen könnten.
Weiterer Bedarf an Teilnehmenden – Pilotversuch soll ausgeweitet werden
Um den breiten gesellschaftlichen Einfluss zu erfassen, benötigt die Studie noch weitere Teilnehmende. Laut Präsident Good sei noch Platz für rund 4000 zusätzliche Personen. Neu hinzugekommen sind die Gemeinden Wädenswil, Adliswil, Wetzikon und Uster. Ein zentraler Auswahlfaktor ist, dass die Teilnehmenden bereits vor Studienbeginn Cannabis konsumiert haben, volljährig sind und keine gesundheitlichen Einschränkungen wie Schwangerschaft oder schwere Vorerkrankungen aufweisen.
Diese Zürcher Studie ist Teil eines nationalen Trends, in dessen Rahmen weitere Städte wie Bern und Freiburg legale Studienprojekte mit kontrolliertem Cannabiszugang für ausgewählte Konsumenten durchführen. Auch Swiss Cannabis Research plant, die Studie auf die Kantone Bern und St. Gallen auszudehnen, um Vergleichsdaten aus verschiedenen Regionen und Altersgruppen zu sammeln.
Gesellschaftliche und politische Implikationen der Studie
Die Zürcher Pilotstudie könnte eine wichtige Rolle im Rahmen der Cannabis-Debatte in der Schweiz spielen. Die bisherigen Ergebnisse widerlegen das Bild eines enthemmten und risikoreichen Konsumverhaltens, was mögliche positive Effekte auf die politische und gesellschaftliche Akzeptanz der Legalisierung haben könnte. Es ist denkbar, dass die Erkenntnisse aus der Studie in die politische Entscheidungsfindung einfliessen und zur Entkriminalisierung oder zur Schaffung eines regulierten Cannabismarktes beitragen könnten.
„Die Frage der Cannabis-Legalisierung ist nicht nur eine politische Entscheidung, sondern auch eine soziale Verantwortung“, betont Good. „Mit der Studie wollen wir Daten liefern, die als fundierte Grundlage für die Entwicklung eines Regulierungssystems dienen können.“
Internationale Relevanz und Anschluss an globale Studien
Die Zürcher Studie ist ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen und wissenschaftlich fundierten Umgang mit Cannabis. In anderen Ländern, darunter Kanada und einige US-Bundesstaaten, liegen bereits ähnliche Ergebnisse zu moderatem Konsum vor, die den positiven Einfluss der Legalisierung auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit zeigen. Internationale Studien haben nachgewiesen, dass eine kontrollierte Legalisierung zu einer Reduktion des Schwarzmarkts und einer verbesserten Produktqualität beiträgt.
Sollten die Zürcher Studienergebnisse ähnliche Erkenntnisse liefern, könnte die Schweiz zum Vorbild für andere europäische Länder werden, die ebenfalls über eine Legalisierung nachdenken. Der Ansatz, mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen eine potenzielle Gesetzesänderung vorzubereiten, könnte in Zukunft auch in anderen politischen und gesellschaftlichen Bereichen Anwendung finden.
Die Zürcher Cannabis-Pilotstudie bleibt also nicht nur eine regionale, sondern auch eine nationale und internationale Beobachtungsplattform. Es wird sich zeigen, ob die Schweiz durch diesen wissenschaftlichen Ansatz eine führende Rolle in der europäischen Cannabispolitik einnehmen kann.
Quellen:
– Stadt Zürich
– Universität Zürich
– BAG
– Blick.ch
Titelbild:
– Freepik